logo2016

Nicht bereit zuzuhören?

Das Menschenbild: Entscheidend in Diskussionen

Tobias „Pudding“ Burdukat wurde 1983 in Grimma geboren und lebt bis heute dort. Er ist Geschäftsführer von „Between the lines” – einer gemeinnützigen GmbH, die unabhängige emanzipatorische Arbeit fördert, und war mehrere Jahre lang Sozialarbeiter und Projektverantwortlicher im „Dorf der Jugend”, einem Projekt der offenen Jugendarbeit in Grimma. Außerdem forscht er an verschiedenen Hochschulen u.a. zu den Themen Jugend und Sozialstrukturen im ländlichen Raum und ist on- und offline in politischen Debatten aktiv. Im Juni führte dies zu einer Hausdurchsuchung bei Tobias Burdkukat. Wir haben uns schon Ende Mai mit ihm über seine Kindheit in Grimma, seine Arbeit als Sozialarbeiter und die heutige Debattenkultur unterhalten.

Interview: Luna Torres Bartsch u. Sandy Feldbacher & Foto: Martin Neuhof


KiPPE: Auf deinem Blog schreibst du, dass besonders deine Zeit am Gymnasium Colditz sehr prägend für dich gewesen ist. Inwiefern?
Tobias Burdukat: Ich war einer der wenigen, die Neonazis nicht cool fanden. Alle haben sich daran orientiert, und ich bin ehrlich, man ist als junger Mensch auch beeinflussbar. Aber ich habe das alles nicht verstanden. Gerade die Texte der Musik, die die Leute damals gehört haben, fand ich schlimm. Das wollte ich nicht verstehen und nicht gutheißen. Deswegen war dann schnell klar, dass ich wahrscheinlich keiner von deren Freunden werde.
Man kann sich das, wenn man so etwas wie in Colditz nicht erlebt hat, wahrscheinlich nicht vorstellen. Du kannst denen kaum entfliehen. Ich war damals Ende der 90er, Anfang der Nuller Jahre viel auf Demonstrationen und habe mit meiner Band viele Konzerte gespielt, um dort irgendwie rauszukommen. Das war wie eine Flucht. Wenn ich gegen Nazis demonstrieren konnte, war ich unter Gleichgesinnten und irgendwie wie zu Hause, habe mich sicher und wohl gefühlt. Zurück in Colditz war alles wieder schwieriger.

Hattest du irgendwelche Verbündeten an der Schule?
Ja, wenige über mehrere Klassenstufen verteilt. Ich glaube, das war prägend, weil man einfach so diese Außenseiterrolle eingenommen hat. Ich habe die Schule dann auch abgebrochen, weil es in der Oberstufe nicht mehr ging. Ich hatte keinen Bock mehr mitzumachen. Zum Beispiel war Geschichte eigentlich mein Lieblingsfach, aber der Unterricht war dort nahezu unmöglich, weil es immer wieder auf irgendwelche Debatten und Leugnung hinauslief. Deswegen habe ich Schule dann sein gelassen. [...]