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„Es geht um Menschen“

Mein neues Zuhause

Mariia Uchytel (35) ist im April 2022 aus der ukrainischen Millionenstadt Dnipro nach Leipzig gekommen. Sie erzählt, wie sich der Krieg auf ihr Leben ausgewirkt und wie sie sich seitdem in Leipzig eingelebt hat.

Protokoll: Sandy Feldbacher & Foto: Enrico Meyer


Ich bin seit April 2022 in Leipzig und lebe hier mit meiner Partnerin. Das ist nicht so typisch für ukrainischen Flüchtlinge, obwohl es unter ihnen viele Menschen aus der LGBTQ-Community gibt. Bis 2019 hatte ich in Dnipro eine sehr gute Arbeitsstelle als Analystin für den Metallmarkt, aber dann bekam ich eine schwere Depression und verließ meinen Job nach sieben Jahren, weil ich mein Leben etwas anders organisieren musste. Ich machte mich als Übersetzerin selbstständig und arbeitete in einem Projekt mit einer russischen Firma, die bekannt dafür war, die Ukraine zu unterstützen. Trotzdem kündigte ich nach dem 24. Februar 2022 alle Aufträge, weil ich nicht für Russland arbeiten wollte. Als der Krieg begann, stand ich unter Schock.

Ich konnte es nicht glauben, bis es die ersten Explosionen in meiner Stadt gab. Ich meldete mich freiwillig zum Helfen, obwohl ich auch Angst hatte. Zuerst kümmerten wir uns um die Versorgung mit Essen und Medikamenten, danach begann ich zu helfen, Molotowcocktails herzustellen. Am Anfang des Krieges ging alles sehr schnell. Die russischen Truppen gingen nach Charkiw und Kyjiw und wir dachten, Dnipro hätte vielleicht nur noch zwei oder drei Tage. Alle in der Stadt fühlten sich dadurch verbunden und bereiteten sich auf einen großen Angriff vor. Der blieb aber vorerst aus.
Später sortierte ich Medikamente, Verbandszeug und Spritzen. Es war harte Arbeit, den ganzen Tag lang in Schichten. Dann schnitten wir den Stoff für Camouflage-Netze zu. Wir sammelten auch Kleidung für die vielen Flüchtlinge aus dem Osten, also Charkiw, dem Donbas, Luhansk, die nach Dnipro gekommen waren. [...]