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Wie wollen Sie Obdachlosigkeit abschaffen, Frau Ministerin?

Bis 2030 will die Bundesregierung Wohnungs- und Obdachlosigkeit überwinden. Die dafür zuständige Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) erklärt im Interview, wie sie das anstellen will.

Interview: Benjamin Laufer & Foto: Andreas Hornoff

Ein Dienstag Mitte Juni in Hamburg: Gleich wird die Bundesbauministerin beim Genossenschaftstag erklären, wie in Deutschland jährlich 400 000 Wohnungen gebaut werden sollen, obwohl Preise explodieren und Lieferketten zusammenbrechen. Vorher nimmt Klara Geywitz in der Hinz&Kunzt-Redaktion Platz.* Das Fenster muss fürs Interview geschlossen werden, weil Baulärm hereindrängt. „In Deutschland wird wieder gebaut, das finde ich gut“, sagt sie und freut sich schelmisch über ihre Bemerkung. Auch darüber wollen wir mit der SPD-Politikerin sprechen – vor allem aber über ihr Versprechen, bis 2030 die Wohnungslosigkeit in Deutschland zu überwinden. Ihren Besuch bei Hinz&Kunzt will sie als Zeichen verstanden wissen: „Das Thema ist mir wichtig, darum bin ich hier.“

Hinz&Kunzt: Frau Geywitz, die Bundesregierung hat versprochen, Wohnungslosigkeit bis 2030 zu überwinden. Gibt es in acht Jahren tatsächlich keine Obdachlosen mehr in Deutschland?

Klara Geywitz: Obdachlosigkeit ist so ein komplexes Problem, dass es sicherlich auch dann noch Menschen geben wird, die auf der Straße leben. Wichtig ist aber, dass wir die Bedingungen deutlich verbessern und das Menschenrecht auf Wohnen umsetzen: Jeder, der eine Wohnung braucht, muss auch eine bekommen können. Die Hilfssysteme müssen sich darauf einstellen.

Sie haben einen Nationalen Aktionsplan angekündigt, den Sie gemeinsam mit Kommunen, Ländern und Trägern der Wohnungslosenhilfe entwickeln wollen. Worüber werden Sie sprechen?

Ganz wichtig wird der Bereich der Prävention sein, also die Frage, wie man verhindern kann, dass Menschen ihre Wohnung verlieren. Wir sehen außerdem ein dramatisches Absinken der Sozialwohnungszahlen in den vergangenen Jahren. Man muss sich da nicht wundern, dass es gerade für vulnerable Gruppen unmöglich ist, eine Wohnung zu finden. Und es gibt weitere Fragen, die wir besprechen werden: die der Krankenversorgung, wie man als Wohnungsloser an eine Meldeadresse kommt, wie ist es mit einem Konto? Mein Wunsch wäre auch, dass wir gemeinsam, also Länder, Zivilgesellschaft und der Bund, Qualitätsstandards für die Unterkünfte entwickeln. [...]