logo2016

„Ich fühle mich voll integriert“

Wir haben Alaa Almohamad Ende 2018 im Rahmen unserer damaligen Reihe „Die Welt zu Hause in Leipzig“ vorgestellt (www.kippe-leipzig.de/diewelt). Anfang des Jahres hat er sich bei uns gemeldet und gefragt, ob er davon berichten dürfe, wie es ihm seitdem ergangen ist. Im Online-Gespräch erzählte er u.a., welchen Effekt die E-Mail einer KiPPE-Leserin auf ihn hatte und warum er sich heute Alaaldin nennt.

Interview: Sandy Feldbacher & Foto: privat

KiPPE: Wie geht es dir heute?
Alaa Almohamad: Mir geht es sehr gut. Ich lebe jetzt in Berlin, aber in meinem Herzen bin ich immer noch Leipziger. Ich vermisse die Stadt und möchte sie bald mal wieder besuchen. Ich habe einen Job als persönlicher Assistent für an MS und Alzheimer erkrankte Menschen und zusätzlich engagiere ich mich ehrenamtlich, habe Freunde und gute Kollegen.

Wir hatten dir nach dem Erscheinen des Beitrags über dich vor vier Jahren die Mail von einer Leserin weitergeleitet. Was stand darin und was hat das mit dir gemacht?
Es war ein unangenehmer Brief für mich und ich war sehr traurig, weil sie mir Vorwürfe gemacht hat, ich wäre nur in Deutschland, um Hartz IV zu beziehen und auf Kosten der Steuergelder zu leben. Ich habe viel darüber nachgedacht. Und die Lösung für mich war: Ich muss arbeiten.

Hätten wir dir den Brief besser nicht schicken sollen?

Nein, das war o.k. Dieser Brief hat mein Leben geändert. Ich habe immer an die Frau gedacht und wollte ihr beweisen, dass sie unrecht hat und wir nicht hier sind, um Hartz IV zu genießen.

Wie hast du deinen Plan, arbeiten zu gehen, in die Tat umgesetzt?
Damals war mein Sprachniveau noch zu niedrig zum Arbeiten. Deshalb habe ich erst einmal weiter Deutsch gelernt und mein C1-Niveau, also das höchste, absolviert. Nachdem ich die Prüfung nach einigen Anläufen bestanden hatte, war ich bereit für einen Job und habe mich ungefähr 100 Mal beworben, aber nur Absagen erhalten. Ich vermute, dass es an meinem arabischen Namen lag. Dann hatte ich die Idee: Warum nicht Berlin? Hier habe ich schnell einen Job gefunden. Die Berliner suchen jemanden zum Arbeiten, egal wie er heißt. Zuerst habe ich kurz in einer Bäckerei gearbeitet, danach wusch ich Teller in einem großen Hotel. Das war harte Arbeit für wenig Geld und mit keiner Sekunde Pause, aber ich habe es sechs Monate gemacht, damit ich offiziell von Leipzig nach Berlin umziehen durfte. Das war mit viel Bürokratie-Stress verbunden. Als das erledigt war, habe ich gekündigt, mich aber nicht beim Jobcenter gemeldet, sondern meine Miete und Krankenversicherung selbst bezahlt. So konnte ich in Ruhe ohne Druck auf Arbeitssuche gehen und war nicht abhängig vom Amt. [...]