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Eigene Wohnung ist wichtiger

Interview mit Leipzigs Bürgermeister und Beigeordnetem für Soziales, Gesundheit und Vielfalt, Thomas Fabian

Interview: Sandy Feldbacher & Björn Wilda & Foto: Nikolas Fabian Kammerer

KiPPE: Können Sie zunächst eine generelle Einschätzung zur Lage der Obdachlosigkeit in Leipzig geben?
T. Fabian: In den letzten Jahren ist die Zahl der Obdachlosen in Leipzig gestiegen. Das überrascht nicht vor dem Hintergrund der Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt und angesichts erheblicher sozialer Ungleichheiten. Es gibt auch immer mehr Menschen, die sowohl psychische Probleme als auch Suchterkrankungen haben. Aufgrund der Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie hat sich die Situation für Obdachlose deutlich verschärft, insbesondere weil Aufenthaltsorte begrenzt und Kontakte vermieden werden mussten. Die kalte Jahreszeit, wie der letzte Winter mit viel Schnee und anhaltender Kälte, ist für Menschen ohne Wohnung noch schwieriger auszuhalten.

Was hat die Kommune bisher dagegen getan, welche Angebote gibt es?
Das Sozialamt arbeitet eng mit den freien Trägern zusammen. Zum einen gibt es die Notschlafstellen. Zum anderen gibt es die soziale Betreuung durch die Straßensozialarbeiter und -sozialarbeiterinnen, die ich für ein ganz wesentliches Angebot der Obdachlosenhilfe halte. Die Notschlafstellen sind nicht nur ein Dach über dem Kopf für die Nacht. Dort werden die Menschen unterstützt und beraten, beispielsweise wie sie soziale Leistungen in Anspruch nehmen können oder beim Weg zur Suchtberatungsstelle. Wir haben zwei zusätzliche Notschlafstellen eingerichtet. Eine gleich zu Beginn der Pandemie in der Torgauer Straße, und eine zusätzliche Notschlafstelle mit 40 Plätzen für suchtkranke Menschen, die vom Eigenbetrieb St. Georg betrieben wird. Im vergangenen Winter und Frühjahr wurden in allen Notschlafstellen kostenlose Mahlzeiten angeboten. Die Häuser waren rund um die Uhr geöffnet. Mit Hilfe von ehrenamtlichen Ärztinnen und Ärzten wurde ein Angebot zur medizinischen Grundversorgung für Obdachlose auf den Weg gebracht, wofür ich sehr dankbar bin. So gibt es regelmäßig ärztliche Sprechstunden in den Tagestreffs INSEL und OASE, im Übernachtungshaus für wohnungslose Frauen in der Scharnhorststraße, in der Alternative I in der Chopinstraße und demnächst auch wieder im Übernachtungshaus für wohnungslose Männer in der Torgauer Straße. Über den TeeKeller Quelle gibt es zusätzlich einmal in der Woche ein aufsuchendes Angebot. [...]