logo2016

„Ich bin gerne nüchtern.“

Katja Röckel traf die Wiener Autorin, Satirikerin und Cartoonistin Stefanie Sargnagel Ende August am Rande einer Lesung in Leipzig zum Interview für ihre Radio-Blau-Sendung „Mrs. Pepsteins Welt“. Im Gespräch ging es u.a. um Stefanies aktuellen Roman „Dicht“ und Drogen. Vielen Dank für das freundliche Bereitstellen des Transkripts!

Interview/Text: Katja und Martha Röckel & Foto: ©Apollonia Theresa Bitzan

Katja Röckel: Hi Steffi, wie geht’s dir?
Stefanie Sargnagel: Mir geht’s ganz gut. Ich freu mich auf die Lesung, es gab ja nicht viele für eine lange Zeit.

In deinem Coming-of-Age-Roman „Dicht” schreibst du über deine Jugend. Was würdest du der Steffi aus dem Buch heute sagen? Was soll sie genauso machen und was nicht?
Im Großen und Ganzen bereue ich nichts. Es waren alles Erfahrungen, die einen irgendwie geprägt haben. Im Buch geht es stark um Michael, das ist ein älterer Mann, der Alkoholiker ist und bei dem wir Jugendlichen uns immer treffen konnten. Und ich muss schon sagen, dass er mich künstlerisch sehr geprägt hat. Dadurch, dass er so sprachverliebt war und vor sich hin geschwurbelt hat – irgendwelche Fantasiesachen – habe ich eine Liebe zur Sprache, die ich eh irgendwo schon hatte, gefördert bekommen. Das war natürlich nicht zielgerichtet – er war einfach ein Außenseiter – aber auch schräge Figuren können einen sehr fördern. Und es war ein künstlerischer Freiraum, den wir sonst nicht hatten.

Michi ist ein Stück weit der rote Faden im Buch. Beschreibe ihn mal noch ein bisschen näher!
Ich hatte nie das Bedürfnis so ein langes Buch zu schreiben, aber ich hatte ganz viele Tagebucheinträge aus meiner Jugend und wollte die gerne aufarbeiten. Auch weil ich meinen Freundeskreis, der mir immer noch sehr nahesteht, dadurch kennengelernt habe, dass wir uns immer bei Michi getroffen haben. Er war ein Tagedieb, so ein bisschen ein Assi, der nur geschnorrt, getrunken und nicht gearbeitet hat, uns aber alle in seine Wohnung einlud, dort konnten wir uns immer treffen. Er war sehr intelligent und künstlerisch von seinem Wesen, aber eigentlich auch verrückt, depressiv und schwerer Alkoholiker. Dadurch, dass er uns diesen Freiraum in seiner Wohnung gegeben hat, sind dort die verschiedensten Leute hingegangen: Jugendliche, die nicht so „mainstreamig” drauf waren, aber auch seine verrückten 50-jährigen Alte-Männer-Freunde, die dort regelmäßig irgendwelche Psychosen hatten. Das war diese schräge Symbiose in der Wohnung, von der ich schon immer schreiben wollte, weil meine Freunde und ich immer noch sehr gern Anekdoten aus der Zeit austauschen und auch anderen Leuten, die uns fragen: ”Woher kennt ihr euch eigentlich?”, gerne von der Wohnung und von Michi erzählen. [...]