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Gespenster gehen um

„Die ich rief, die Geister“ oder: Warum der Herbst zum Fürchten einlädt

Oktober. Herbst. Die Bäume färben ihre Blätter. Es wird kühler. Schmuddelwetter löst sich ab mit vereinzelten Anflügen von nachsommerlichem Sonnenschein. Es ist die Zeit der Ernte, des Drachensteigens, des Nebels, der Spinnennetze. Wir stellen die Uhren um und spüren, wie die Tage allmählich kürzer werden. Wir ahnen, dass das Jahr zu Ende geht und beginnen, Rückschau zu halten. Der Herbst ist wie ein schattiges Dazwischen. Alles scheint offen. Und verwundert es da, dass auch die Vorstellung von Geistern oder einer für uns mittlerweile weitestgehend imaginierten Anderswelt in dieser Zeit präsenter zu sein scheint als während des restlichen Jahres?

Text: Constance Timm & Foto: Pixabay


Oktober. Herbst. Beides assoziieren wir auch mit einer Reihe von Festen: Oktoberfest. Reformationstag. Thanksgiving. Martinstag. Totensonntag. Und natürlich Halloween (abgeleitet von „All Hallows Eve“), dem Tag vor Allerheiligen, zu dem sich meist Kinder als Geister verkleiden und von Haus zu Haus ziehen. „Trick or Treat“, „Süßes oder es gibt Saures“ lautet dabei das Motto des Festes, das sich vor allem in Nordamerika großer Beliebtheit und einer langen Tradition erfreut. Dem Religionsethnologen Sir James George Frazer (1854–1941) zufolge geht Halloween auf das keltische Samhainfest zurück, welches mit Erntedank und dem Kommen des Winters in Verbindung stand. Oft markierte es auch den Beginn des neuen Jahres. Am Tag vor dem 1. November sollten die Tore zur jenseitigen Welt offenstehen, wobei ein direkter Kontakt von Menschen mit den Geistern in Gestalt von Toten und mythischen Wesen wie Feen, Zwergen oder Göttern möglich sei. Seit dem 7. vorchristlichen Jahrhundert wurde an Samhain angeblich auch das Fest von Tara, eine der ältesten altirischen Versammlungen, begangen. Die Zusammenkunft dauerte drei Tage, u.a. wurden in dieser Zeit Steuern eingetrieben, Kriminelle bestraft und Verträge geschlossen. Am Tag vor Samhain löschte man alle Herdfeuer, und die Druiden entzündeten in der Nacht große Lagerfeuer, die sogenannten Samhain-Feuer, denen man besondere Kräfte zuschrieb, da sie angeblich auf spirituelle Weise die Furcht vor dem Winter und der Dunkelheit milderten. [...]