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Eiszeit – jedem Viertel seine Diele

Was früher nur Dielenbretter am Fenster waren, sind heute liebevoll dekorierte Dreh- und Angelpunkte in den Vierteln – die Eisdielen. Denn zu einem guten Tag gehört in meinen Augen eine Kugel Eis. Lange suchen muss man danach nicht. Leipzig ist voller Eisdielen. Ich setze mich auf mein Fahrrad und radle los, um einige von ihnen kennenzulernen. Es ist ein heißer Sommertag und vor fast allen Eisdielen bilden sich lange Schlangen mit erwartungsvollen Gesichtern. Die Eisdealer haben alle Hände voll zu tun und unzählige Male höre ich die Frage: „In der Waffel oder im Becher?“

Text & Foto: Margarete Arendt


Hier scheiden sich die Geister. Ich habe in meinem ganzen Leben noch kein Eis im Becher gegessen und kann versichern: Waffel ist nicht gleich Waffel. Mein Eindruck ist, dass sich die Eisdielen immer neue Dinge überlegen, um der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein. So gibt es bei den Waffeln mittlerweile viel zu sehen, von Schoko- oder Streuselmantel bis hin zu Waffeln aus schwarzem Teig. Ich staune auch nicht schlecht, als ich im Zentrum eine Eisdiele finde, die ihre Hörnchen im eigenen Haus selbst herstellt.

Das Eis ist in fast allen Eisdielen handgemacht, oft wird auch Bioeis verkauft. Obwohl laut dem Bericht des Ministeriums für Ernährung in Deutschland gerade einmal 1 Prozent der Bevölkerung vegan lebt, boomt das Geschäft mit veganem Eis. In fast jeder Eisdiele finde ich mehrere vegane Sorten. Viele Menschen scheinen diese gern zu essen, obwohl sie sich sonst nicht vegan ernähren. Vielleicht passt das einfach zum „Feel-good“-Erlebnis, welches man mit einem Eis in der Hand gerne haben möchte.
Gar nicht mehr so gut fühlt sich für einige hingegen der Preis an. Der steigt mit den aufwändigeren Angeboten und der Inflation stetig. Was vor ein paar Jahren noch 80 ct waren, sind jetzt oftmals 1,30 € oder sogar 1,50 €. Da wird der Ausflug mit der Familie in die Eisdiele ganz schön teuer. Und das kann sich nicht jeder leisten. Eine Antwort auf dieses Problem versucht die Eisdiele „likken“ auf der Karl-Liebknecht-Straße zu finden. Hier gilt das Konzept „Pay what you want“. Es fordert die Kundschaft dazu auf, den Preis selbst zu bestimmen. Die Idee ist ein Solidarprinzip, bei dem jeder gibt, was er geben kann. Und so auch jeder in den Genuss einer Kugel Eis kommt. Doch wann gibt es den vollkommenen Genuss? Das ist ja auch immer eine Frage der Definition. „Il buon Gelato“ auf der Karl-Heine-Straße schwört auf handgemachtes Pistazieneis mit Pistazien direkt aus Sizilien. In der Eisbrennerei in der Südvorstadt geht man andere Wege. Hier hat sich der Besitzer Eisvariationen überlegt, welche sich an Longdrinks und Cocktails orientieren. Die Kugel Aperol Spritz wird sich aber meistens erst gegen Abend gegönnt, erzählt mir der Besitzer. Tagsüber essen die Kunden am liebsten Schoko. [...]