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Die Leipziger Familie Schreber

Zwischen Schrebergarten, schwarzer Pädagogik und Psychose

Leipzig rühmt sich noch heute der Erfindung der Schrebergärten im 19. Jahrhundert. Damals zu Ehren des 1861 verstorbenen Moritz Schreber nach eben diesem benannt. Moritz Schreber hat jedoch nicht, wie oft vermutet, den ersten Schrebergarten gegründet. Er gab lediglich mit seinen Schriften zusammen mit Carl Ernst Bock den Anstoß dazu. Der Orthopäde und Hochschullehrer Dr. Schreber war zu seinen Lebzeiten hoch angesehen, heutzutage wird er jedoch überwiegend kritisch gesehen und der schwarzen Pädagogik zugerechnet.

Text: Johannes Koch


Geboren wurde Daniel Gottlob Moritz Schreber am 15. Oktober 1808 in Leipzig. Sein Vater war Advokat. Schreber lernte an der Thomasschule und studierte dann an der Universität Leipzig Medizin. Im Jahr 1844 übernahm er die von Ernst August Carus als „Heilanstalt für Verkrümmte“ gegründete Leipziger orthopädische Heilanstalt.

Er konstruierte zahlreiche Apparaturen: etwa orthopädische Kinnbänder, um Fehlbissen vorzubeugen, Schulterriemen, die das Kind im Bett in Rückenlage hielten, und „Geradhalter“ für aufrechtes Sitzen. Schreber verkaufte diese Apparaturen und setzte sie auch bei seinen eigenen Kindern ein. Zu Lebzeiten waren diese Geräte und Methoden angesehen, später wurden sie vielfach kritisiert. So schrieb z.B. Ingrid Müller-Münch in ihrem 2012 erschienenen Buch „Die geprügelte Generation“ darüber folgendes: „Schreber lehrte seine Kinder, ihn als eine gottähnliche Gestalt zu verehren und zu fürchten. Er malträtierte sie durch diverse mechanische Geräte, fesselte sie, zwängte sie in ein Gestell, das die Kinder mittels Riemen und Stahlfedern zu einem kerzengeraden Gang zwang. Ließ diese Geräte herstellen und verkaufen. Prügel wurden bei ihm schon zur Disziplinierung des Säuglings eingesetzt, denn: ‚Eine solche Prozedur ist nur ein- oder höchstens zweimal nötig, und – man ist Herr des Kindes für immer.‘ “

Die Schrebers hatten drei Töchter und zwei Söhne, die sehr unter diesen Methoden litten. [...]