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Minimalistisch leben

Minimalismus – Geschichte und Definition

Sucht man im Internet nach Minimalismus, so findet man ziemlich schnell zur freien Enzyklopädie Wikipedia. Diese macht es sich mit der Definition von Minimalismus sehr einfach: Sie verlinkt auf einen anderen Artikel mit dem Titel „Einfaches Leben“. Allerdings unterscheiden sich moderner Minimalismus und „Einfaches Leben“. Wie? Dieser Frage möchte ich in diesem Text nachgehen.

Text: Johannes Koch & Bild: Diogenes in der Tonne, Gemälde von Jean-Léon Gérôme (1860)


Die Geschichte des einfachen Lebens ist lang. Sie reicht zurück zu berühmten Personen wie Buddha oder Diogenes von Sinope, einem Philosophen der griechischen Antike. Diogenes beispielsweise pflegte einen Lebensstil von radikaler Schlichtheit. Er besaß nur ein einfaches Gewand, nahm den Namen „der Hund“ an und lebte wie ein Obdachloser. Häufig schlief er in einem einfachen Fass. Seinen Lebensstil verstand er als Kritik an der herrschenden Ordnung. So hat er z. B. öffentlich gegessen, was damals als unschicklich galt und auch öffentlich masturbiert, was bis heute als unschicklich gilt. Auch sein Zeitgenosse Sokrates pflegte einen einfachen Lebensstil und soll bei einem Spaziergang über den Marktplatz ausgerufen haben: „Ach, wie zahlreich sind doch die Dinge, deren ich nicht bedarf!“ Seitdem haben sich immer Formen des einfachen Lebens als bewusster Gegenentwurf zum weltlichen Leben der Massen erhalten. Im Mittelalter pflegten beispielsweise die Mönche der christlichen Bettelorden einen bewusst einfach gehaltenen Lebensstil. Die Werke Henry David Thoreaus und Ralph Waldo Emersons um 1845 sicherten dem einfachen Leben einen festen Bestandteil innerhalb der amerikanischen Subkultur. Auch der deutsche Philosoph Friedrich Nietzsche sprach sich gegen sinnentleerten Materialismus und für ein einfaches Leben aus.

Doch wie unterscheidet sich nun der moderne Minimalismus, der ja in den letzten Jahren total im Trend liegt, vom klassischen einfachen Leben? Ich sehe hier zwei entscheidende Punkte: Ein Auslöser für ersteren war die „100 Things Challenge“ (100-Dinge-Herausforderung) des US-amerikanischen Bloggers David Michael Bruno. Dieser versuchte im Jahr 2008 seinen Besitz auf unter 100 Dinge zu reduzieren und berichtete darüber in seinem Blog. Der Hauptfaktor war jedoch die sich verändernden technologischen Gegebenheiten, besonders seit dem Verkaufsstart des iPhones im Jahr 2007 und den sich nun immer weiterverbreitenden Smartphones. Die Digitalisierung sehe ich als den entscheidenden Unterschied zu früher. Medien muss man heute nicht mehr physisch besitzen, was schon alleine viel Freiraum ermöglicht. [...]