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Erholungspark Lößnig-Dölitz: Ein ungeschliffener Diamant?

Leipziger sind Parkgänger. Kaum ist die Sonne draußen, kann man im Clara-Park, im Rosenthal und Wildpark kaum noch treten. Erholung ist da nicht immer das Ergebnis des geliebten Aufenthalts in der Natur. Ganz anders verhält es sich mit dem Park hinter Lößnig. Keine sechs Kilometer vom Stadtkern entfernt und durch Plattenbauten vor neugierigen Blicken geschützt, erstreckt sich auf 95 Hektar eine der größten Parkanlagen der Stadt. Menschen sucht man hier vergebens, obwohl das Gelände bezaubernd anzusehen ist und eine Weitläufigkeit bietet, die in Leipzig ihresgleichen sucht. Doch die heute noch vereinzelten Besucher der Anlage sollten die Einsamkeit noch genießen, solange sie anhält. Die Gentrifizierung schwappt langsam auf die Stadtteile südlich von Connewitz über.

Text & Foto: Pauline Szyltowski

Der zum 395 Hektar großen Landschaftsschutzgebiet Lößnig-Dölitz gehörende Park ist heute also noch ein ungeschliffener Diamant. Doch das stimmt nur teilweise. Denn seit den 1960ern wird bereits an dem Gelände gefeilt. Bis Ende der 1950er Jahre wurde dort unter Tage Braunkohle abgebaut. Als sich der Boden infolge dessen immer mehr absenkte, wurden die Schächte aufgefüllt und das Gelände für die Landwirtschaft nutzbar gemacht. Die Landwirtschaftsausstellungen der „agra“ nutzten die Flächen außerdem für die Präsentation damals neuester landwirtschaftlicher Bewässerungstechniken. Da in den 1970ern um das Landschaftsschutzgebiet unzählige Plattenbauten wie Pilze aus den Boden schossen, wurde dem Bedarf nach einem Erholungsgebiet für die neuen Bewohner nachgegangen. Seitdem investierte die Stadt mehrere Millionen Mark, D-Mark und Euro in deren Gestaltung. So entstanden große Grünflächen und aufgeforstete Haine. Natürlich vorhandene Teiche wie der Silbersee wurden aufgearbeitet. Leider führen diese Teiche heute aufgrund der Dürre 2018 nur noch selten Wasser, im Gegensatz zum Stauteich aus agra-Zeiten. Er wurde zum Schutzgebiet für Wildgänse, Schwäne, Enten und allerlei anderem Getier. Seit 1993 hat er den Status eines Naturdenkmals. Wer leidenschaftlicher Ornithologe ist, sollte unbedingt mal dort vorbeischauen.
Wenn man durch den Park flaniert, wird schnell klar – bei der Planung waren Profis am Werk. Die Landschaftsarchitekten machten sich die Senken-Form des Geländes zunutze. Im Zentrum entstanden Wiesenflächen, die von einzelnen Baumgrüppchen durchsetzt sind. Rundherum wurde der Randbereich stärker beforstet. Der Effekt: Befindet man sich in der Mitte des Parks, erblickt man zum Großteil am Horizont lediglich den höherliegenden Wald, aber keine städtischen Strukturen. Dadurch entsteht der Eindruck, man befinde sich in ländlicher Gegend, auf einer Lichtung eines weitläufigen Waldes. Wem das Herumlungern auf der Wiese oder am See zu langweilig ist, dem sei gesagt, dass das Leipziger Grünflächenamt bzw. seit 2009 das Amt für Stadtgrün und Gewässer auch an die aktiven Parkgänger gedacht hat. Über die Jahrzehnte entstanden viele Erlebnisbereiche. Wie zum Beispiel die Pergola aus Beton-Bauelementen, die Ostalgie-Herzen höher schlagen lässt. Direkt daneben befindet sich ein Grillplatz mit Tischtennisplatte, wo ab und an gelangweilte Teenager gesichtet werden. Ein paar Meter entfernt gibt es eine Anlage, die ich „Zen-Garten“ getauft habe. Ein von Yin und Yang inspirierter Kringel verläuft flächig über den Boden, bestehend aus verschiedenen Belägen. Barfuß darüber gelaufen, bieten die unterschiedlichen Strukturen eine Wellness-Massage der Fußreflexzonen nach Vorbild fernöstlicher Heilpraktiken. Gesäumt wird dieser Kringel von kugeligen und quaderförmigen Skulpturen. Über den Park erstrecken sich außerdem eine Vielzahl von Sitzgruppen, verschiedenen Spielplätze, ein Restaurant und eine Outdoor-Rollschuhbahn. Vereinzelt finden sich dort Kinder für Tretroller-Rennen und zur Ausfahrt ferngesteuerter Spielzeugautos ein. Neben diesen Anlagen, an denen sich die wenigen Kinder, Familien und Rentnerchen aufhalten, bieten die Haine ein pures Naturerlebnis; nicht dass man sich dorthin zurückziehen müsste, um für sich zu sein. Dort trifft man ab und an auf Hundebesitzer mit ihren vierbeinigen Freunden. Das Highlight im nordöstlichen aufgeforsteten Bereich ist definitiv das Waldarboretum. Auf sechs Hektar befindet sich ein Lehr-Wäldchen, in dem verschiedene fremdländische Baumgruppen aus Nordamerika (z. B. Silberahorn und Mammutbaum), Asien (z. B. Ginkgo) und Europa wachsen. Hier noch ein Tipp: Erschrecken Sie sich nicht vor dem lebensgroßen Braunbären, der im Schatten der Mammutbäume plötzlich vor einem steht. Es handelt sich hierbei nur um eine Skulptur! Seien sie aber gewiss, dass Sie trotzdem erschrecken werden. [...]