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Pöbeln ist ok, diskriminieren nicht

Sir Mantis ist ein vielversprechender Hip-Hop-Musiker aus Leipzig, der im Laufe des Jahres sein erstes Album veröffentlichen wird. Er ist ein Transmann und sein Album für ihn ein Befreiungsschlag – mit Rap und satirischer Sozialkritik, selbstbewusst und kompromisslos. Warum der Longplayer „Jennifer Gegenläufer“ heißen wird und was Sir Mantis mit seiner Musik erreichen will, erzählt er im KiPPE-Interview.

Interview: Sandy Feldbacher & Foto: Thomas Victor


KiPPE: Bitte stell dich kurz vor.
Sir Mantis: Ich bin Sir Mantis, 23 Jahre alt, ursprünglich aus Niedersachsen. Ich bin ein Rapper und Produzent. Abgesehen davon habe ich eine Biografie, mit der ich mehr als drei Bücher füllen könnte. Um gleich mal Schubladen zu bedienen: Ich bin Transmann, war Heimkind und bin jetzt das künstlerische Gesamtpaket aus diesen Erfahrungen.

Am 8. März bist du beim Feministischen Streik aufgetreten. Warum ist es dir wichtig, dich in feministischen Kontexten zu engagieren?
Ich bin Feminist, weil ich eine Gesellschaftsstruktur sehe, in der immer in Richtung Weiblichkeit abgewertet wird und das auch selbst erlebt habe. Außerdem bin ich überzeugt, dass man diese patriarchale Struktur genauso, wie sie mal aufgebaut wurde, auch wieder abbauen kann. Da ist mein Erfahrungswert als Transmann, beide Seiten und auch den Zeitraum dazwischen kennengelernt zu haben, wichtig. Denn ich kann Frauen sagen, das was ihr fühlt, existiert wirklich. Nehmt euch selbst ernst, verdrängt es nicht, sondern kämpft dagegen an! Und Männern kann ich sagen, Frauen bilden sich das nicht ein, sie sind nicht hysterisch. Das ist echt. Ich sehe mich da in einer wertvollen Vermittlerposition.

Welche positiven und negativen Erfahrungen hast du als Transmann bisher gemacht?
Seitdem ich mich geoutet habe, erfahre ich sehr viele Sachen, die mir vorher gar nicht bewusst waren. Zum Beispiel, wie krass Leute hassen können und wie wenig Gründe sie dafür brauchen. Für die Mehrheitsgesellschaft bin ich nie Mann genug und für Teile der feministischen Szene immer zu sehr Mann. Das ist ein riesiger Spagat.
Gleichzeitig stecke ich durch meine Transition in einem heftigen Veränderungsprozess. Wenn ich heute nachts auf der Straße unterwegs bin, werde ich als Mann gelesen und die Leute lassen mich in Ruhe. Ich werde zwar nicht mehr sexuell belästigt, dafür bin ich jetzt eine „Transe“, der man auch gern mal aufs Maul hauen würde.
Aber das Positive an der Sache ist, dass sich Trans*leute extrem freuen, wenn ich irgendwo auftrete. Die feiern mich als einzigen Transmann im Deutschrap. Die ganzen negativen Erfahrungen sind letztendlich auch nichts gegen das Gefühl, man selbst zu sein.

Wie bist du zum Hip-Hop gekommen?
Ich rappe seit ich 13 bin, und Hip-Hop war schon immer mein Höreinfluss, weil mein großer Cousin das gehört hat. Allerdings war die Musik, die ich damals mochte – Aggro Berlin, später dann Retrogott und viel Rap aus den USA – sexistisch, homophob und transfeindlich. Als Kind habe ich die Texte einfach mitgerappt, dabei wusste ich noch nicht mal komplett, was sie bedeuten. So bin ich zu Hip-Hop gekommen, aber hey, das ist daraus geworden! (lacht) [...]