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Wohnungslosigkeit in Leipzig

Komplexe Problemlagen und Lösungsansätze

In Leipzig gibt es mehr Wohnungs- und Obdachlosigkeit als noch vor wenigen Jahren. Auch die KiPPE hat seit 2016 deutlich mehr Zulauf an Verkäuferinnen und Verkäufern. Etwa die Hälfte von den aktuell rund 200 Menschen ist wohnungs- oder obdachlos, andere sind davon bedroht oder waren mal betroffen. Grund genug für das Leipziger Straßenmagazin, genauer auf die aktuelle Gesamtsituation in der Messestadt zu schauen.

Text: Sandy Feldbacher & Fotos: Pixabay


Da die Lage in Leipzig lange Zeit vergleichsweise entspannt war, blieb Wohnungsund Obdachlosigkeit hier bis vor wenigen Jahren ein Randthema. Doch das ist nun vorbei. Durch den Zuzug von Menschen und der verstärkten Knappheit günstigen Wohnraums hat sich die Situation verschärft.
Tino Neufert, Streetworker im Projekt SAFE, erzählt, dass die meisten Betroffenen Männer zwischen 40 und 60 Jahren sind und dass die Lage für sie besonders schwierig sei, wenn neben der Wohnungsoder Obdachlosigkeit weitere Probleme wie psychische oder Suchterkrankungen dazu kämen. Auch ausländische Obdachlose hätten es besonders schwer. Für diese Zielgruppen gebe es nur wenig spezifische Hilfen. Der Anteil an wohnungs- und obdachlosen Menschen unter den rund 1200 Gesamtkontakten von Tino Neuferts Team lag im vergangenen Jahr bei knapp 20 Prozent. 2013 seien es dagegen nur 2 Prozent gewesen. Eine umfassende Statistik zur Wohnungs- und Obdachlosigkeit in Leipzig wurde bislang nicht veröffentlicht. Die Stadt hat eine solche zwar bereits vor Monaten in Aussicht gestellt, über den aktuellen Stand der Entwicklungen ist allerdings nichts bekannt. Schätzungen reichen laut dem Stadtmagazin Kreuzer von ein paar hundert bis über tausend Betroffene.
Auch im Übernachtungshaus für wohnungslose Frauen in der Scharnhorststraße gibt es eine erhöhte Nachfrage, doch bislang keine dramatische Erhöhung der Übernachtungszahlen. Leiterin Stefanie Nemczak weist in diesem Zusammenhang auf Unterschiede von weiblicher und männlicher Obdachlosigkeit hin: „Insbesondere Frauen unter 35 Jahren nehmen scheinbar leider prekäre Wohnverhältnisse bei Freunden oder Bekannten sowie damit verbundene sexuelle Abhängigkeiten eher in Kauf, als sich in eine Notunterkunft zu begeben. Von den Frauen, die im Jahr 2018 angekündigt wurden bzw. sich selbst ankündigten, kamen lediglich 45 % bei uns an. Die Dunkelziffer wohnungsloser Frauen liegt also deutlich höher.“
Ebenso wie Tino Neufert berichtet auch Stefanie Nemczak von komplexeren Problemlagen Betroffener: „Hierzu tragen vor allem gesundheitliche Einschränkungen wie chronisch psychische Erkrankungen und/oder Suchterkrankungen bei. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass soziale Arbeit mehr Zeit benötigt und der Arbeitsaufwand stetig steigt. Hinzu kommt das knappe Angebot an kleinen und vor allem bezahlbaren Wohnungen in Leipzig. Problematisch ist auch das überschaubare Angebot von spezialisierten Wohnformen mit der Zielgruppe Frauen. Ist eine solche alternative Wohnform gefunden, erschweren lange Wartezeiten zusätzlich den Vermittlungserfolg.“ [...]