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Endstation Straße?

Als ich im Juli 2018 vom Brandanschlag gegen zwei Obdachlose in Berlin-Schöneweide hörte, kamen Erinnerungen an den Leipziger Benny hoch. Der 30-jährige Obdachlose wurde in der Nacht zum 5. November 2016 in den frühen Morgenstunden schwer misshandelt. Gewalt gegen Obdachlose hat laut Medienberichten in den letzten Jahren stark zugenommen und ist nur eine von vielen Gefahren, denen Betroffene ausgesetzt sind.

Text & Foto: Heiko Rotter


Obdach- und Wohnungslosigkeit ist ein Thema, über das man nicht gern spricht, und doch kann es jeden treffen. Steigende Mieten und Kapitalaussichten der Vermieter verschärfen das Problem. Offene Mietforderungen führen oft zur Kündigung von Wohnraum. Laut der offiziellen Definition der Bundesarbeitsgemeinschaft für Wohnungslosenhilfe in Deutschland sind Menschen wohnungslos, wenn sie über keinen mietvertraglich abgesicherten Wohnraum verfügen und auf ordnungs- oder sozialrechtlicher Grundlage z. B. in eine Unterkunft der Wohnungslosenhilfe vermittelt werden.
Steigende Armut und Verschuldung sind immer noch Hauptgründe dafür, dass Menschen ihre Wohnung verlieren. Seit 2008 ist die Zahl der Obdach- und Wohnungslosen in Sachsen besonders gestiegen. So berichtete im September 2016 die Leipziger Internet Zeitung von der zunehmenden Zahl von Zwangsräumungen in Sachsen und weist gleichzeitig darauf hin, dass Leipzig „einsame Spitze“ ist.
„Wohnen ist keine Ware, sondern ein Menschenrecht. Wohnungslosigkeit verletzt die Menschenwürde jedes Einzelnen. Sie missachtet individuelle Grundrechte und schadet unserer gesamten Gesellschaft. Wir fordern daher die Politik auf, bezahlbaren Wohnraum für alle zu schaffen, für besonders verletzliche Menschen zugänglich zu machen, Notunterkünfte abzuschaffen und durch Vermittlung in menschengerechte Wohnungen zu ersetzen“, betonen Jens Rannenberg, Vorsitzender von EBET, einem Fachverband der Diakonie, und Maria Loheide vom Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. Dazu brauche es die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen ebenso wie von Vermietervereinigungen, Mieterbünden und Freier Wohlfahrtspflege. „Wir müssen dringend präventive Lösungen finden, damit Menschen ihre Wohnung nicht durch die Anhäufung von Miet- und Energieschulden oder durch Leistungskürzungen aufgrund von Hartz-IV-Sanktionen verlieren“, bekräftigen Loheide und Rannenberg.

Bei einer Podiumsdiskussion in der Leipziger Propsteikirche St. Trinitatis vor einigen Wochen zum Thema „Boomtown Leipzig – Bleibt Wohnraum bezahlbar?“, wurde gesagt, dass der Mietspiegel etwa zwei Euro über den Kosten der Unterkunft (KdU) im Arbeitslosengeld II läge, was aber nichts über die tatsächliche Vermietung aussage. Letztes Jahr gab es dazu noch einen Leerstand von 4 Prozent, der sich besonders auf sanierungsbedürftige Wohnungen bezog. Des Weiteren ist die LWB angehalten, 35 Prozent ihrer Wohnungen als Sozialwohnungen bereitzustellen. Allerdings ist die LWB nur einer von vielen Wettbewerbern auf dem Leipziger Wohnungsmarkt.
Besorgniserregend ist auch der Anstieg der Mietpreise seit 2008 um zirka 38 Pro-zent in Leipzig, was sich besonders bei Neuvermietungen widerspiegelt. Armut und Obdachlosigkeit sind in Leipzig sichtbarer geworden, doch gibt es noch keine genauen Statistiken hierzu. Da stellt sich die Frage, wie leben Menschen ohne Wohnung? [...]