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Leipzig schafft Wissen, …

Zwischen Affe und Mensch

Seit 1997 ist das Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig ansässig und bereichert den hiesigen Wissenschaftsstandort auf bemerkenswerte Art und Weise. Allein im letzten Jahr sorgten Ergebnisse der Forschenden vom Deutschen Platz in Fachkreisen und darüber hinaus mehrfach für Aufsehen. Und auch die Leipzigerinnen und Leipziger profitieren spätestens seit 2004 von der attraktiven Affenanlage im Zoo Leipzig, die das Institut initiierte.

Text: Sandy Feldbacher & Foto: ©KarstenMoebius


Hinter dem Institut, das seit 2003 vis-á-vis der Deutschen Nationalbibliothek beheimatet ist, steht die Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. Die Einrichtung betreibt deutschlandweit über 80 Dependancen und ist eine der führenden deutschen Institutionen im Bereich der Grundlagenforschung. Das Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie sei ein Stückweit als ein interdisziplinäres Experiment der Gesellschaft gegründet worden, da es ganz verschiedene Fachrichtungen zusammenbringt, sagt Sprecherin Sandra Jacob. Dadurch würde allerdings ein Mehrwert erzielt werden, da die hohe Schnittmenge an Forschungsfragen zu vielen spannenden Ergebnissen führe. Doch was ist überhaupt der Forschungsgegenstand des Instituts? „Wir schauen aus verschiedenen Richtungen auf die Evolution der Menschheit – wie hat sich unsere Spezies von den Anfängen bis zur Gegenwart entwickelt. Hierfür beziehen wir auch unsere nächsten Verwandten – sowohl die heute noch lebenden Menschenaffen, als auch bereits ausgestorbene Arten – mit ein. Was wir ebenfalls erforschen, ist die Individualentwicklung beim Menschen und wie sich Besonderheiten im Lauf der Kindheit herausbilden, ebenso wie sich Fähigkeiten und Verhaltensweisen beim Menschenaffen entwickeln“, sagt Jacob.

Fünf Abteilungen
Etwa 450 Mitarbeitende aus über 20 Ländern arbeiten in fünf Abteilungen am Institut, das derzeit vom geschäftsführenden Direktor Prof. Dr. Richard McElreath geleitet wird. Im Bereich der Evolutionären Genetik wird anhand des Erbguts, das zum Beispiel Knochenfunden entnommen wird, die Menschheitsgeschichte erforscht.

Außerdem werden Ähnlichkeiten und Unterschieden von Menschen und Menschenaffen anhand von DNA-Analysen untersucht. Dagegen haben die Psychologen der Abteilung für Vergleichende und Entwicklungspsychologie eine eher geisteswissenschaftliche Sicht auf die Evolution und beobachten im Rahmen von Studien mit Kindern und Menschenaffen die Entwicklung des Verhaltens. Forscher aus der Abteilung für Primatologie arbeiten mit Menschenaffen in freier Wildbahn. Sie reisen nach Afrika und beobachten dort Schimpansen, Bonobos oder Gorillas und ihr Leben in der Gruppe – wie die Verwandtschaftsstrukturen sind, welche Taktiken angewendet werden, um beispielsweise Futter zu finden usw. Eine Forschergruppe unter Abteilungsdirektor Christophe Boesch, der schon seit über 30 Jahren im Bereich der Primatologie tätig ist, hat zum Beispiel herausgefunden, dass Menschenaffen ganz unterschiedliche Methoden entwickelt haben, um Nüsse zu knacken oder miteinander zu kommunizieren. Das bedeutet, dass nicht nur Menschen verschiedene Kulturen entwickelt haben, sondern auch Menschenaffen. Diese Erkenntnis sei eine Sensation gewesen. Forscher der Abteilung für Humanevolution entdeckten kürzlich gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte Jena in Saudi Arabien die bislang ältesten Abbildungen von angeleinten Hunden. Die mehr als 1400 in Felsen geritzten Bilder, deren Alter von den Forschern auf mindestens 8000 bis 9000 Jahre geschätzt wird, sprechen dafür, dass die Beziehung Hund-Mensch schon sehr alt ist. Die relativ junge Abteilung für Verhalten, Ökologie und Kultur des Menschen beschäftigt sich seit 2015 mit der Evolution von Kultur. Forscher dieser Abteilung haben beispielsweise 2016 herausgefunden, dass Menschen möglicherweise monogam geworden sind, um sexuell übertragbare Krankheiten zu vermeiden. [...]