„Malte hat angerufen, er ist gut in der Schweiz angekommen“, sagt David zu seiner an Alzheimer erkrankten Mutter Gretel. „Wie heißt der?“ fragt sie. – „Malte, dein Mann.“ – „Das ist ja nicht mein Mann.“ In anderen Filmszenen halten sich Malte und Gretel liebevoll an den Händen, legen sanft ihre Stirnen aneinander. Scheinbar ist die Liebe doch stärker als die Krankheit. Der Dokumentarfilm „Vergiss mein nicht“ von 2012, den Filmemacher David Sieveking über seine Mutter gedreht hat, ist voll von Zuneigung, Zärtlichkeit und Humor, obgleich die Krankheit Alzheimer im Mittelpunkt steht.
Text: Sandy Feldbacher & Foto: Adrian Stähli
Der Rahmen
Gezeigt wurde der Film anlässlich des Weltalzheimertags am 21. September 2017 im Rahmen eines Themenabends der Volkssolidarität Leipzig mit Informationsangeboten, der Filmaufführung und einem Expertengespräch in den Passage Kinos. In der Filmeinführung erzählt der anwesende Filmemacher David Sieveking, dass er festgestellt habe, dass Alzheimer ein angstbesetztes Thema sei und er oft von Menschen hören musste, dass sie den Film nicht sehen wollen, da sie ihn für todtraurig hielten. Dem entgegnet er: „Der Film ist nicht traurig, weil meine Mutter zwar ihr Gedächtnis, aber nicht ihren Humor verloren hat.“ Er selbst habe Angst vor dem Moment gehabt, in dem ihn die eigene Mutter nicht mehr erkennt, aber das sei gar nicht so fürchterlich gewesen, eher charmant, denn als er sie daran erinnerte, dass er ihr Sohn sei, entgegnete sie oft „das wäre schön“.
Auf der anderen Seite seien die Erinnerungen nicht auf einmal für immer weg gewesen, sondern es habe immer mal wieder klare Momente gegeben. So sei aus der Tragödie seiner Mutter kein Krankheits-, sondern ein Liebesfilm entstanden, der mit melancholischer Heiterkeit erfüllt ist.
Die Krankheit
Alzheimer ist eine erbliche hirnorganische Erkrankung, deren größter Risikofaktor das Alter ist. In der Regel sind die Betroffenen älter als 60 Jahre. Kennzeichnend für die Krankheit ist der langsam fortschreitende Untergang von Nervenzellen und Nervenzellkontakten, außerdem kommt es zu Eiweißablagerungen im Gehirn. Zum Krankheitsbild gehören unter anderem Gedächtnis-, Orientierungs- und Sprachstörungen sowie Veränderungen der Persönlichkeit. All das ist bei Betroffenen unterschiedlich stark ausgeprägt. Patientinnen und Patienten sind zunehmend auf Hilfe und Unterstützung angewiesen.
In Deutschland leben gegenwärtig etwa eine Million Alzheimerkranke. Infolge des demografischen Wandels nimmt die Zahl kontinuierlich zu, obwohl das Erkrankungsrisiko durch verbesserte Lebensbedingungen und eine erfolgreichere Behandlung leicht rückläufig ist. Zwei Drittel aller Erkrankten sind über 80, 70 % sind Frauen, da sie eine höhere Lebenserwartung haben. Die Krankheit ist zumeist irreversibel und verkürzt die verbleibende, altersübliche Lebenserwartung. Medikamente können die geistige Leistungsfähigkeit und Alltagsbewältigung allerdings stabilisieren, Verhaltensstörungen mildern und in manchen Fällen auch weitere Schädigungen des Gehirns verhindern. Zur Behandlung gehören auch die geistige und körperliche Aktivierung der Betroffenen, die richtige Weise des Umgangs, die durch Akzeptanz sowie freundliche Zuwendung und Wertschätzung geprägt sein sollte, die bedarfsgerechte Gestaltung der Wohnung, um für die erkrankte Person Stress zu reduzieren und die Lebensqualität zu verbessern sowie wie Beratung und Entlastung der Angehörigen. [...]