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Schrille Verwandlungen

„Wir springen auch aus Torten“

Travestie – von französisch verkleidet – ist die Darstellung einer Bühnenrolle durch eine Person des anderen Geschlechtes. Die Tradition dieser in erster Linie schauspielerischen Kunstform geht zurück bis in die Antike. Travestie- Künstler/innen sowie Drag Queens und Kings sind heute auch Gallionsfiguren der Liberalität. Sie stehen für Toleranz und man könnte meinen, sie sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen – Conchita Wurst gewann 2014 den Eurovision Song Contest und Olivia Jones feierte mit Volker Beck die Ehe für alle im Bundestag. Auch in Leipzig gibt es eine Travestie-Szene, in der Stefan Sosna regelmäßig als Daisy D. auftritt. Die KiPPE traf sich mit dem 26-Jährigen, der im Alltag als Barman arbeitet, zum Gespräch.

Interview: Sandy Feldbacher & Foto: privat


KiPPE: Was war dein Einstieg ins Travestie-Showgeschäft?
Stefan Sosna: Mein erster offizieller Auftritt war 2009 durch einen dummen oder glücklichen Zufall die Moderation einer Party im Bimbo Town. Das erste Mal als Drag Queen in den Club gegangen bin ich schon etwas früher, um das mal auszuprobieren. In Schwulenclubs haben Drag Queens immer schon Tradition. Es gibt welche, die auflegen oder Shows machen, aber auch viele Gäste kommen verkleidet. Die Lust an der Travestie kam bei mir schon in der Schule auf, da habe ich Theater gespielt und hatte einfach Spaß daran, mich zu gestalten. Travestie-Shows, Musicals, Oper – das war meine Welt! Und als schwuler junger Mann war es immer ein Zauber, wenn Drag Queens im Club aufgeschlagen sind. Das Schöne ist, es gibt 1 000 Möglichkeiten sich zu gestalten: Die klassische Vorstellung ist ja immer die Grande Dame – Pailletten-Kleid, Hochsteckfrisur, Federboa, große Emotionen –, aber es gibt ganz breit gefächerte Stile: Neben der klassischen Bühnen-Travestie gibt es innovative Ansätze mit Lasershows, eine Gothic-Szene oder Drag Queens mit Bart – das, was Conchita Wurst macht, ist ja nicht neu.

Was genau machst du als Drag Artist?
Als Daisy D. trete ich häufig gemeinsam mit meiner Bühnenpartnerin Tiffany Monti als Duo auf. Wir machen zwei Sachen: klassische Travestie-Shows und Animationsprogramme. Bei Letzterem sind wir zum Beispiel regelmäßig bei Studio-54-Partys im L1 neben den DJs, Musikern und Tänzerinnen Teil des Ensembles. Das machen wir auch in anderen Clubs und richten unser Auftreten und unsere Kostüme an den verschiedenen Formaten aus.
Bei den Shows konzipieren wir einerseits Rollen wie etwa Mireille Mathieu oder Dolly Parton, die wir dann spielen, oder wir entwickeln auf der Basis von bekannten Nummern wie etwa „Mein Herr“ von Liza Minelli eigene Geschichten: Meine Bühnenkollegin spielt hier eine, die von ihrer Liebe verlassen wurde, ich tröste sie und aus dieser Situation entwickeln wir eine Tanznummer. So gehen wir in der Regel ran. Klassische Parodien machen wir eher wenig. Aber es gibt ein paar Rollen, die ich immer im Repertoire habe, wie etwa die dunkle Fee Maleficent oder Dolly Parton.

Welche künstlerischen Disziplinen spielen bei euren Shows eine Rolle?
Von der Comedy-Nummer bis zur Grande Dame ist alles möglich. Live-Gesang machen wir nicht, denn Mittelmäßigkeit brauchen wir nicht (lacht), aber Playback-, Striptease- und Tanznummern. Außerdem übernehmen wir hin und wieder Moderationen. [...]