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Jäger und Sammler

Ein Leben mit Platten

Es gibt ja so einige Thoelkes – den Stadionsprecher, den Moderator, den DJ. Doch wie ist der Plattensammler Thoelke? Pünktlich zum Termin klingele ich bei ihm an der Tür. Nach einer freundlichen Begrüßung führt mich Tim in sein Allerheiligstes mit der Ansage: „Du kannst die Schuhe ruhig an lassen!“ Das Platten- und Arbeitszimmer ist eindrucksvoll. Zwei der vier Wände sind mit Plattenregalen vollgestellt. Auf der Längsseite ist ein Tisch mit eingelassem Plattenspieler. Darüber ein paar goldig verchromte Leuchten. Natürlich ist schon eine Vinyl aufgelegt. Der Plattensammler Thoelke ist in seinem typischen leger-schicken Stil gekleidet. Er trägt ein schwarzes Hemd, auffällig sind vor allem die Manschettenknöpfe – schwarz, mit eingelassenen Ankern. Ich kannte Tim nur aus Youtube-Videos. In seinen Shows wirkt er immer ein wenig aufgekratzt, aber hier in seinem gut sortierten Lieblingszimmer scheint er total zufrieden und in sich ruhend. Doch gleich darauf erwacht der Entertainer wieder in ihm und er beginnt einfach zu erzählen. Schnell schalte ich das Diktiergerät an und hake mit einer Frage ein ...

Text: Pauline Szyltowski & Foto: Enrico Meyer


KiPPE: In welchem Alter begann deine Musikleidenschaft? Gab es einen prägenden Moment?
Tim Thoelke: Musik hat mich schon immer fasziniert und auch Schallplatten. Ich hab schon sehr früh angefangen zu sammeln – schon in der Grundschule. Mit acht Jahren schenkte mir meine Tante meine erste Platte: ‚Highway to Hell‘ von ACDC. Das war für mich ein absolutes Schlüsselerlebnis. Weil ich durch das Album verstanden habe, dass Musik so viel mehr ist, als nur die Töne, die da rauskommen. Musik geht mit einer bestimmten Lebenseinstellung einher, mit Rebellion, Coolness und so weiter. Als Teenager hab ich besonders viel Punkrock gesammelt. Wir waren damals eine Clique von mehreren Sammlern.

Deine Generation hat Musik noch in Plattenläden erstanden. Gab es einen Plattenladen deines Vertrauens?
Ich bin nie der Typ gewesen, der sich in den Laden gestellt und erstmal mit dem Plattenladen-Besitzer geschwatzt und Kaffee getrunken hat. Ich wollte da nur meine Platten kaufen und dann wieder raus. Früher gab es viele Plattenläden in jeder Stadt und da wusste man genau, in welchem man was bekommt. Aber ich und mein Freundeskreis haben auch damals schon sehr viel über Plattenversandhandel bestellt. Auch weil das, was man wollte, mit der Zeit sehr speziell geworden ist und es der normale Plattenladen gar nicht mehr vorrätig hatte.

Das Gros der Menschen bestellt sich die Platten inzwischen online.
Die Anzahl der Läden ist sehr geschrumpft. Aber die, die es jetzt noch gibt, stehen echt gut da und haben viele Kunden. Ich kann mir aber vorstellen, dass viele ihre Sachen im Internet bestellen. Das mache ich auch. Ich kann mich im Netz auf eine weltweite Community berufen.

Geht das Sammeln und Jagen heute anders vonstatten als früher?
Ja, heute ist jede Platte im Netz gelistet – bei der Plattform Discogs. Die Preise sind geklärt. Früher hat man eine Nachpressung auf dem Flohmarkt gekauft und gehofft, dass die Platte viel wert ist. Mittlerweile schaust du mal kurz auf Discogs und siehst, dass sie beispielsweise 20 Euro wert ist. Auch die Händler machen das und preisen entsprechend aus. Deshalb ist die Mystik verschwunden. Aber im Allgemeinen bin ich froh über die Entwicklung, weil ich jetzt die Platte bekomme, die ich möchte. Ich bestelle online auf der ganzen Welt. Manchmal dauert es dann eben drei Wochen bis das Paket ankommt, voll mit tausenden Zollstempeln und skurrilen Briefmarken, aber das macht ja auch Spaß. [...]