Das Projekt „Hoaxmap“ entlarvt Gerüchte über Flüchtlinge
Gerüchte über kriminelle Taten geflüchteter Menschen verbreiten sich derzeit rasend schnell im Netz. Die meisten stellen sich als Falschmeldungen heraus, was dann aber meist keine große Verbreitung findet. Ein Projekt aus Leipzig will dem Abhilfe schaffen und hat unter www.hoaxmap.org eine virtuelle Karte erstellt, auf der Falschmeldungen und die dazugehörigen Gegendarstellungen vermerkt sind. Bereits nach wenigen Tagen fand das Projekt eine immense mediale Resonanz: Alle bedeutenden Medien hierzulande berichteten darüber, Initiatorin Karolin Schwarz und Mitstreiter mussten auch Kollegen aus Kanada, Österreich, der Schweiz und vom arabischen Fernsehsender Al Jazeera Rede und Antwort stehen. Nicht zuletzt gab es außerdem in Großbritannien, Belgien, Ungarn und Rumänien Artikel über das Leipziger Projekt. Die KiPPE sprach mit der Initiatorin.
KiPPE: Wie bist du auf die Idee einer Deutschlandkarte mit Falschmeldungen gekommen?
Karolin Schwarz: Die Idee ist über längere Zeit gereift. Ich habe mich privat mit Datenvisualisierung und offenen Daten auseinandergesetzt. Die Hoaxmap ist aus dem Wunsch entstanden, etwas Ordnung in die Fülle der Gerüchte, die kursieren, zu bringen und gleichzeitig ein Tool anzubieten, über das die Nutzer prüfen können, ob ein Gerücht, mit dem sie konfrontiert werden, widerlegt wurde.
Weshalb werden Gerüchte über Flüchtlinge gestreut und welche Macht haben sie?
Oft verläuft das nach dem Stille-Post-Prinzip – die Gerüchte verschärfen sich, je weiter sie getragen werden. Wie viele Gerüchte vorsätzlich gestreut werden, lässt sich schwer feststellen. Sicher ist, dass sie oft ungeprüft übernommen und verbreitet werden, um Ängste zu bedienen. Welche Macht Gerüchte haben, lässt sich spätestens aus dem diplomatischen Zerwürfnis mit Russland im Fall einer erfundenen Vergewaltigung in Berlin erahnen. In anderen Fällen soll Misstrauen gegenüber Geflüchteten geschürt werden, was vielfach sicher auch funktioniert.
Was sind die häufigsten Gerüchte, welche die kuriosesten?
Vor allem Meldungen über Diebstähle und Raub sowie Vergewaltigungen sind oft Thema von Gerüchten. Auch Berichte über angebliche finanzielle Leistungen sind häufig, zum Beispiel dass Bewohner beim Einzug in eine Asylunterkunft ein Smartphone geschenkt oder teure Markenkleidung bezahlt bekommen. Kuriose Gerüchte gibt es auch: In Prien, Bayern, soll sich eine „Schwarzafrikanerin“ aus religiösen Gründen die Haare verlängern und flechten lassen haben – die Rechnung in Höhe von über 700 Euro habe das Landratsamt übernommen. Es gibt Gerüchte über gestohlene und geschlachtete Schwäne, abgetrennte und aufgespießte Köpfe und eine fast neue Edelstahlküche, die entsorgt worden sein soll, weil dort zuvor Schweinefleisch zubereitet wurde. [...]