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Leben im Alter heute

Auf die Menschen zugehen - Senioren in Leipzig und wie sie Chancen wahrnehmen können

Die Liste der Angebote für Seniorinnen und Senioren in Leipzig ist lang. Getragen werden sie von Vereinen und Verbänden sowie Einrichtungen wie den Aktiven Senioren Leipzig e.V., den Grauen Löwen, dem Seniorenbeirat der Stadt Leipzig, dem Seniorenkolleg der Uni Leipzig, oder der Ökumenischen Sozialstation Leipzig e.V. Als Konkurrenten verstehen sie sich nicht – aber als (einander ergänzende) Partner in einer widerspruchsvollen Zeit, die dem Jugendwahn frönt, aber in der die Älteren immer mehr werden.

Verzerrtes Bild in der Öffentlichkeit
Über einen Flyer zur kommenden 1000-Jahr-Feier Leipzigs konnte Annelies Reinke nur den Kopf schütteln. Das Buntbedruckte, was der 76-Jährigen zufällig in die Hand fiel, zeigte fröhliche Leute – junge Leute. „Und das, obwohl es um tausend Jahre Leipzig geht“, ereifert sich die Frau. Es könnte schwarzer Humor sein, wenn sie da nicht ein generelles Problem berühren würde. „Es ist bezeichnend, dass nur jüngere Menschen im Mittelpunkt stehen“, fährt Annelies Reinke fort. „Doch angesichts unserer demografischen Entwicklung müsste es anders sein. Um nicht zu sagen umgekehrt.“ Und schon kommt sie auf Tücken des Alltags für ältere Mitmenschen zu sprechen, die sie sowohl selbst erlebt als auch durch ihre Mitarbeit im Seniorenbeirat der Stadt und als Vorsitzende der Aktiven Senioren Leipzig (ASL) mit Problemen anderer konfrontiert wird, erfährt. Bei über 20 Jahren Präsenz in der Stadt kommt schon einiges an Erfahrungen zusammen.

Neben einem verzerrten Bild in der Werbung im öffentlichen Raum wären vor allem Verkehrswege und Haltestellenbereiche bei den Straßenbahnen weitere Reizthemen. Da seien Haltstellenschilder zu hoch angebracht, die Schrift sei mikroskopisch klein, und Bahnlinien wie die Linie 8 wären ein kaum zu bezwingendes Hindernis wenn man denn nicht fit wie ein Turnschuh wäre. Die LVB begründet dies mit technischen Besonderheiten, so sei beispelsweise die Schrift bei den Fahrplänen aufgrund einer festgelegten Software nicht so ohne weiteres zu verändern. Auch der nicht behindertengerechte Zugang zum Citytunnel am Hauptbahnhof stößt vor allem bei älteren Leipzigern auf Unverständnis. Also habe man sich z.B. die LVB oder das Tiefbauamt ins Boot geholt, um zu überlegen, was machbar ist. Aber es ist ein zähes Ringen, die Mühlen mahlen langsam. Immerhin gab es z.B. bei der Verbesserung der ungemütlichen Sitzgelegenheiten der zentralen Haltestelle am Hauptbahnhof ein Entgegenkommen.

Doch Vereine wie die Aktiven Senioren Leipzig verstehen sich keineswegs als Klagemauern. Mitmachen, Dranbleiben und Aktivsein stehen auf dem Programm, und die Eintrittskarte dafür ist der gute Wille der Interessenten. Das hat auch damit zu tun, wie man heutzutage altert. „Mit 70 und darüber hinaus sind die meisten noch vital“, meint die Vorsitzende, „sie sind aufgeschlossen für viele Dinge des Lebens, auch dem Neuen gegenüber offen. Früher hat man sich in jenem Alter schon auf den Abgang vorbereitet.“ Der Wunsch nach einem aktiven Leben im Seniorenalter stellt an betreffende Vereine und Verbände hohe Ansprüche. Mit gemütlichem Kaffeekränzchen allein ist kein Blumentopf mehr zu holen. Und wie zur Bestätigung des Gesagten ertönt ein lebhaftes Stimmengewirr aus der Kegelklause, verlassen einige Damen soeben das Computerkabinett und trifft sich eine andere Gruppe mit Sportkleidung unter dem Arm im Gymnastiksaal. Alles unter einem Dach des Hauptsitzes der ASL in Alt-Paunsdorf. [...]