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Wenn Eierjockel ruft…

Wie Klein Marieke zu Hause das Osterfest erlebt

Hallo, liebe Leser, ich heiße Marieke, bin sechs Jahre alt, komme bald in die Schule und lebe mit meinen Eltern und meiner älteren Schwester in Bautzen. Das ist eine wunderschöne, alte Stadt mit vielen Türmen – einer davon ist sogar schön schief. Das ist der Reichenturm am Ende der Fußgängerzone. Papa meint, der sei zwar nicht so schräg wie der von Pisa, aber immerhin! Jedenfalls kann man von diesem Turm aus auf unsere Stadt blicken, auf die Wasserkunst, auf die Ortenburg mit ihrem Sorbischen Museum und auf die Berge der Oberlausitz, die die Stadt umgeben.

Die Großeltern kommen
Zwar sind wir schon in den Bergen hier um unsere Stadt gewesen, aber so viel Laufen da draußen find ich doof. Lieber bin ich in der Stadt unterwegs, gucke in die Schaufenster oder scheuche Tauben auf, die sich am Brunnen vor dem Rathaus versammeln. Meine große Schwester tippt LEBEN sich dann immer an die Stirn und meint schnippisch, wie klein ich doch noch wäre. Pah, dabei ist sie gerade mal vier Jahre älter, macht aber schon auf Dame! Aber wenn wir an einem Eisgeschäft vorbekommen, gibt es auch für sie kein Halten mehr und beide bedrängen wir unsere Eltern. Papa zögert und Mama sagt lächelnd: „Nun mach schon.“ Papa seufzt und zückt das Portemonnaie, gibt das Geld meiner Schwester und wir stürzen los. Bei unseren Großeltern brauchen wir nicht betteln, das geht immer ganz fix mit Eis oder mit Süßigkeiten. Oma meint immer: „Um die Erziehung sollen sich die Eltern kümmern, wir sind zum Verwöhnen da.“

Unsere Großeltern. Sie leben in Leipzig und arbeiten am Theater, genau wie meine Eltern hier in Bautzen, das sich Deutsch-Sorbisches Volkstheater nennt. Mit uns haben Oma und Opa hier in unserer Stadt schon allerhand erlebt. Es gibt einen Termin, da sind die beiden auf alle Fälle bei uns zu Besuch: das ist während des Osterfestes. Es wird hier bei uns in der Lausitz ganz groß begangen und wird von vielen Bräuchen begleitet.

Der Höhepunkt ist natürlich das Osterreiten, und man glaubt, die halbe Republik weilt in Bautzen. Opa schaut auf die Autoschilder, als wir unterwegs sind. „Berlin, Aachen, Bamberg, Hamburg, Magdeburg…“, murmelt er dabei. Und Papa meint, dass jedesmal viele zehntausende Besucher in unsere Stadt kommen würden, weil sie Ostern hier so toll finden. Schon lange bevor das Osterreiten am Petri- Dom am Ostersonntag 10 Uhr startet, sind die Straßen dicht gesäumt. Vom Dom hängen lange Kirchenfahnen und die Glocken läuten.
Mit dieser Kirche habe es etwas Besonderes auf sich, erzählte mir mal meine andere Oma, die wie wir auch in Bautzen lebt. Dort beteten katholische und protestantische Christen, deshalb sei die Kirche im Inneren geteilt und man nenne sie deshalb auch Simultankirche. Komisch, können die nicht gleich alle gemeinsam beten? [...]