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„…und ich rede sehr schlecht.“

„…und ich rede sehr schlecht.“

Zum 300. Geburtstag des Preußenkönigs Friedrich II.

altHier soll also nicht noch mal das Leben des preußischen Königs Friedrich II. aufgerollt werden, der am 24. Januar 1712 in Berlin geboren wurde, mit 28 Jahren den Thron bestieg und nach über 46jähriger Regentschaft zurückgezogen in Sanssouci starb. Vielmehr wollen wir an dieser Stelle Begebenheiten herausgreifen, die Friedrich II. und Leipzig in Verbindung bringen. Sie gab es mehrfach.


Bach auf die Probe gestellt
Schon wenige Jahre nach Beginn von Friedrichs Regentschaft 1740 gab es mit einer Geistesgröße aus Leipzig eine denkwürdige Begebenheit – mit Johann Sebastian Bach. Sie kam unter Vermittlung von Bachs zweiältestem Sohn, Carl Philipp Emanuel, zustande. Der Sohn des Thomaskantors war schon längere Zeit am Hofe Friedrichs II. als Musiker angestellt und Anfang Mai 1747 konnte Vater Bach nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen endlich nach Potsdam reisen, um neben dem lang ersehnten Besuch der Familie seines Sohnes auch den König zu treffen. Friedrich war nicht nur „der erste Diener des Staates“, wie er von sich selbst forderte, sondern auch ein passabler Flötenspieler und Komponist. Doch zu Friedrichs unberechenbarem Wesen gehörte es, andere Leute herauszufordern und sie auf die Probe zu stellen. Bei Bach war es die Musik.


An jenem Maitag spielen sich der Monarch und der Kantor gegenseitig vor – der eine auf der Flöte, der andere am Cembalo. Friedrich bittet Bach, auf seinem „königlichen Thema“ eine Fuge zu improvisieren. Für den Kantor in der Tat ein schwieriges Unterfangen. Doch er gibt sich nicht geschlagen, improvisiert zunächst eine dreistimmige Fuge – sehr zur Überraschung des Monarchen, um sich dann, zurückgekehrt nach Leipzig, noch einmal an das Thema heranzumachen. Im Sommer 1747 kann er das Werk abschließen und widmet es Friedrich II. unter dem Namen „Musikalisches Opfer“ und schickt es nach Potsdam. Durchaus ein doppeldeutige Bezeichnung. Man kann es sowohl als Huldigung als auch als Anspielung auf Friedrichs Versuch werten, Bach besonders tückisch herauszufordern.


Mit Deutsch auf Kriegsfuß
Es folgten weitere Berührungen mit Leipzig, jedoch aus Sicht der Messestadt dann aus weniger erfreulichem Anlass: Besetzung und Dranglasierung.


Bekanntlich hatte der Preußenkönig drei Kriege vom Zaun gebrochen, um das reiche Schlesien zu erobern und dann, um es zu halten. Sofort nach Ausbruch des 3. Schlesischen Krieges (Siebenjähriger Krieg) wird die Stadt am 29. August 1756 von den Preußen besetzt. Denn Sachsen gehört wiederholt zum Aufmarschgebiet der Preußen gegen die Österreicher. Ein Jahr später hält Friedrich II. in Leipzig Einzug und logiert im Apelschen Haus am Markt. Der Monarch ist bekannt für seine Geringschätzung deutscher Sprache und Literatur. Französisch ist sein Maßstab. Zu dieser Zeit ist der unermüdliche Sprach- und Theaterreformer Johann Christoph Gottsched Rektor der Leipziger Universität. Seine Abhandlungen über die „Deutsche Sprachkunst“ hatten gerade für große Anerkennung gesorgt. Natürlich wusste auch Friedrich davon und amüsiert nennt er Gottsched einen „cygne saxon“, einen „sächsischen Schwan“, der „die Herbheit der Töne einer barbarischen Sprache mildern werde.“ In seinem Leipziger Quartier lässt der Monarch also den Gelehrten zu sich kommen und sich einige Übersetzungen Gottscheds aus dem Französischen vorlesen. Dabei vergleicht er sie mit dem Original. Über sein Treffen mit dem König 1757 und dessen Reaktion schreibt Gottsched an einen Freund in Königsberg:
„Ob er nun gleich viele deutsche Worte nicht verstund, so kritisierte er doch andere sehr gründlich und lobte wieder viele Stellen, die ich besser ausgedrückt hätte, als er sich jemals möglich zu sein eingebildet hätte. Als ich sagte, daß die deutschen Dichter nicht genug Aufmunterung hätten, weil der Adel und die Höfe zu viel Französisch und zu wenig Deutsch verstünden, um alles Deutsche recht zu schätzen, sagte er: ,Das ist wahr, denn ich habe von Jugend auf kein deutsches Buch gelesen und ich rede sehr schlecht, … jetzo bin ich aber ein alter Kerl von 46 Jahren und habe keine Zeit mehr dazu.“ [...]