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Migration in Leipzig

Die breite Palette des Lebens - Integrationsbeauftragter Stojan Gugutschkow im Interview

Wenn Stojan Gugutschkow Gäste durch Leipzig führt, fragen diese häufig: „Wieso gibt es hier so wenig Ausländer?“ Da muss er sich fast verteidigen und sagen: „Das sind doch gar nicht so wenige!“ Aber natürlich ist ein Migranten-Anteil von 10 % im Vergleich zu anderen westdeutschen oder europäischen Städten, die einen Anteil von 20 oder 30 % haben, wenig. Doch kommen auch in Leipzig jedes Jahr neue Einwanderer hinzu, und deren Integration ist eine Herausforderung für alle Beteiligten: die Migranten/innen selbst, die Stadtbevölkerung und die Kommune. Unterstützend wirkt dabei das Referat für Migration und Integration der Stadt Leipzig. Die KiPPE sprach mit dessen Leiter Stojan Gugutschkow über Aufgaben, Herausforderungen, Ressentiments und Erfolge auf Leipzigs Weg in eine immer vielfältigere Stadtgesellschaft.

KiPPE: Bitte fassen Sie die wichtigsten Aufgaben des Referats für Migration und Integration zusammen.
Stojan Gugutschkow: Der Auftrag war von Anfang an, also seit 1990, Integration zu fördern und Benachteiligung sowie Diskriminierung der hierlebenden Migranten abzubauen. Dahinter steckt eine ganze Menge: Information, Beratung, Vermittlung, Konfliktmanagement, Öffentlichkeitsarbeit, Antidiskriminierungsarbeit, Vernetzung, Projektförderung, Projektbegleitung usw. Wir wirken sowohl in die Stadtverwaltung hinein, als auch nach außen. Und das nicht nur in Bezug auf Migranten, sondern auf die Stadtgesellschaft insgesamt, weil Integration eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Glücklicherweise haben wir viele Partner in der Stadt. Allein wäre das nicht zu schaffen.
Was wir nicht tun, das sind die ausländerrechtlichen Verfahren, mit denen man sich an die Ausländerbehörde wenden muss. Insofern gibt es bei uns weder Bescheinigungen, noch Stempel, sondern Informationen, Rat, Hilfe und Vermittlung in Bezug auf die verschiedenen Aspekte des städtischen Lebens – von der Kita bis hin zur Bestattung. In dem, was wir tun, wird die breite Palette des alltäglichen Lebens abgebildet.

Was sind die häufigsten Gründe für Migration?
Die Gründe für Migration sind seit Jahrhunderten die Gleichen: Die einen wandern aus wirtschaftliche Gründen aus, die anderen aus religiösen. Man migriert aus rein privaten Gründen, weil man einen Partner woanders auf der Welt gefunden hat und die Familie zusammengeführt werden soll. Die Arbeit oder das Studium sind Gründe für Migration. Oder es ist der Druck, fliehen zu müssen, weil man Verfolgung ausgesetzt ist – das kann politisch, religiös oder durch Kriege, Umwelt- und Naturkatastrophen bedingt sein. Die Gründe für Migration sind also sehr vielfältig!

Und im Referat können sich diese Leute dann beraten lassen?
Ja, aber es ist nicht so, dass jeder Migrant der nach Leipzig kommt, problembeladen ist und unsere Hilfe benötigt. Es kommen diejenigen, die ein Problem oder Fragen haben. Sie können auch andere Beratungsstellen aufsuchen, die es inzwischen gibt, insofern sind wir nicht die einzige Anlaufstelle.

Es gibt also ein Netzwerk mit Beratungs- und Hilfsangeboten für Migrantinnen und Migranten?
Auf jeden Fall. Wir sind mit allen vernetzt und verweisen auf die anderen Möglichkeiten. Es gibt wiederum auch Anliegen, mit denen man gar nicht zu einer spezifischen Migranten-Beratung muss, sondern gleich zu einer regulären Beratungsstelle wie zum Beispiel einer Erwerbsloseninitiative gehen kann.
Eine andere Frage ist, dass man auch dort dafür sorgen muss, dass migrantenspezifischen Belange berücksichtigt werden. Es geht darum, dass jede Behörde in ihrem Zuständigkeitsbereich ihre Aufgaben auch gegenüber dieser Klientel wahrnimmt. Man muss die vorhandenen Strukturen fit machen für den Umgang mit Migranten. Diese Prozesse regen wir an und begleiten sie. [...]