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Eine Liebeserklärung…

Tranzyt und schöne Berge - Was die Leipziger Buchmesse in diesem Jahr uns bietet

Der 100. Gedenktag des Ersten Weltkrieges rückt dieses Jahr in den Fokus, da Polen, die Ukraine und Belarus durch ihr geschichtliches Gedächtnis eng mit diesem Thema verbunden sind. Trotzdem hat es den Anschein, als würde der Erste Weltkrieg gerade in der Ukraine und Belarus heute weitgehend ausgeblendet. Wie kommt das? Welche Rolle spielt der Erste Weltkrieg in den Diskursen dieser Länder? Wie weit hat der Krieg die Literatur beeinflusst? Historiker und Publizisten wie Yaroslav Hrytsak, Robert Traba oder Uladzimir Lachouski werden darüber diskutieren und auch, wie der Krieg die hiesige Literatur beeinflusst hat.

In einer zweiten Veranstaltung zu diesem Thema soll, in Kooperation mit Traduki (S. Fischer Stiftung), an wichtige, im deutschen Sprachraum weitgehend unbekannte oder vergessene osteuropäische Autoren aus jener Zeit erinnert werden, wie etwa den serbischen Schriftsteller Miloš Crnjanski oder den weißrussischen Romancier Maksim Harecki. Zwischen den Lesungen literarischer Texte sprechen Autoren wie Juri Andruchowytsch (Ukraine), Svetlana Slapšak (Serbien/Slowenien), Vera Dziadok (Belarus) und Selvedin Avdić (Bosnien und Herzegowina) über die Erfahrungen und Folgen des Krieges.

Zwischen Wut und Hoffnung
Allgemein ist die Literaturszene unserer östlichen Nachbarn kulturell und stilistisch äußerst interessant; „tranzyt“ fördert den gegenseitigen Austausch und das Kennenlernen zwischen diesen Autoren und Literaturliebhabern, Verlegern und Übersetzern aus Deutschland.
„Das gesamte tranzyt Programm ist kulturell und politisch äußerst spannend, nicht nur für Literaturliebhaber, sondern auch für deutsche Verleger, Buchhändler und Übersetzer“, erklärt Oliver Zille, Direktor der Leipziger Buchmesse. „Alle drei Länder haben exzellente Autoren, die es lohnt, einer breiteren Öffentlichkeit hierzulande vorzustellen.“.
Martin Pollack, wiederum Kurator des Programmschwerpunktes, verweist auf das aktuelle Geschehen: „Die dramatischen Ereignisse in der Ukraine, in denen Hoffnung, aber auch Empörung, Begeisterung, aber auch Wut zum Ausdruck kommen, zeigen einmal mehr, wie wichtig es ist, die Vorgänge in der östlichen Hälfte Europas aufmerksam und anteilnehmend zu beobachten. Sie gehen uns direkt an.“

Von den neuen Namen, die 2014 vorgestellt werden, seien hier einige herausgegriffen: So Szczepan Twardoch aus Polen, dessen Roman „Morphin“ im März, rechtzeitig zur Buchmesse, erscheinen wird. Außerdem dabei ist die ukrainische Autorin Oksana Forostyna, die mit ihrem Debutroman „Duty free“ in ihrer Heimat Furore gemacht hat (es gibt noch keine deutsche Übersetzung), ebenso wie die weißrussischen Schriftstellerinnen Vera Burlak und Maryia Martysevich, die einmal mehr unter Beweis stellen, dass Belarus auf dem Gebiet der Lyrik viel zu bieten hat.

Gefeit gegen Rechts?
Rechte Bewegungen sind keineswegs nur im östlichen Europa bekannt, sondern auch in Deutschland und anderswo. Sie zeichnen sich aus durch ein fatales Gemisch aus Nationalismus, Fremdenhass, Antisemitismus, einem marktfeindlichen Populismus usw. Ihren Nährboden bilden nicht selten Arbeitslosigkeit und soziale Benachteiligung. Wie reagieren die Gesellschaften in der Ukraine und Polen auf solche Bewegungen, die sich gern auf Vorbilder aus der Vergangenheit berufen? Wie reagieren Autoren auf diese Bedrohung der demokratischen Gesellschaft? In Belarus existieren keine rechtsradikalen Formationen – aber bedeutet das, dass es keinerlei Ansätze zu so einem Denken gibt? Ist die Gesellschaft, auch die Literatur, tatsächlich dagegen gefeit? Der dritte Schwerpunkt des Programms nimmt sich diesem Thema an. [...]