logo2016

Von Bach bis Cage

Projekt Philippus geht ungewöhnliche Wege

In einem Beitrag innerhalb unserer Kirchenserie hatten wir vor zwei Jahren die Philippuskirche in Lindenau vorgestellt. Ihre Besonderheit: Weil sie nicht mehr als Kirche genutzt wurde, wechselte sie den Eigentümer, und zusammen mit dem Pfarr-/Wohnhaus wird sich auch ihre Nutzung ändern. Das BBW Leipzig will hier ein Integrationshotel für hör- und sprachgeschädigte Jugendliche schaffen.
Wir beschlossen damals, an der Sache dranzubleiben und werden die ungewöhnliche Verwandlung weiter verfolgen.

Das Büro von Projektleiter Wolfgang Menz im ehemaligen Pfarrhaus gleicht einem Taubenschlag. Hier treffen sich Mitglieder des Freundeskreises und des 2014 gegründeten Fördervereins Philippus, Neugierige schauen vorbei, eine Ehepaar, wieder zurück aus den alten Bundesländern und nach Leipzig gezogen, erkundigt sich, wie man helfen könne. Für Wolfang Menz, der im Auftrag des Berufsbildungswerkes Leipzig (BBW) für das Projekt Philippus den Hut auf hat, ist das Alltag neben der Koordinierung von Benefizveranstaltungen und Bauabläufen, von Einladungen, Vermietungen, Akquisen und Kooperationen.

„Eine feste Größe ist inzwischen unsere Reihe ‚Konzerte am Kanal‘“, berichtet der Projektleiter, „der Eintritt ist frei, aber das Publikum kann spenden.“ Davon werde rege Gebrauch gemacht. Ein Teil des Aufkommens soll für die Restaurierung der über 100-jährigen Jehmlich-Orgel verwendet werden, der andere Teil fließt in Erhaltungs- und Sanierungsarbeiten. Die Konzertreihe pflegt keine bestimmte Musikrichtung, man sei offen für alles, wie Menz betont. „Von Bach bis John Cage haben wir alles im Programm.“ Gewandhauschorleiter Gregor Meyer und Universitätsorganist Daniel Beilschmidt sei es zu verdanken, dass sich diese Reihe mit höchster Qualität sehr schnell großer Beliebtheit erfreute. In diesem Jahr fanden bisher neun vom Freundeskreis organisierte Konzerte statt, drei weitere folgen noch, so z. B. am 11. Oktober mit dem Duo „Pesto“ (Orgel, Trompete und Flügelhorn/ verschiedene Komponisten).

„Wir wollen Treffpunkt im Quartier sein, um das ungewöhnliche Projekt der Umnutzung einer ehemaligen Kirche voranzubringen“, so Wolfgang Menz. Dafür stehen neben den Konzerten weitere Aktionen wie „Licht an!“ (jeden letzten Freitag im Monat), „Abendmahl zur Wochenmitte“ oder „Atempause“ (dienstags, 12 Uhr). Jede dieser Begegnungen bringt neue Interessierte, Spendenwillige und vor allem ehrenamtliche Helfer. Immerhin erste Zuschüsse gab es für die Reparatur am Kirchendach sowie für die Sanierung denkmalgeschützter Eichentüren, die in der eigenen Tischlerei des BBW vorgenommen wurde. Von den Kosten von 10 000 Euro wurde die Hälfte gefördert. Eine andere, größere Maßnahme war in diesem Jahr die Untersuchung der Statik und des Baugrundes im Keller des Pfarrhauses, bevor es an die Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten für das Integrationshotel gehen kann. „Da kamen viele junge Leute zu uns, die haben mit Feuereifer geschachtet“, weiß der Projektleiter zu berichten und fügt lächelnd hinzu: „Von wegen, die Jugend würde nur vorm Computer hocken…“ Ansonsten leisten junge Leute hier auch ihre Arbeitsstunden, da springt der Funke über und viele von ihnen machen einfach weiter. Es ist immer wieder die offene, kreative Atmosphäre, die die Leute hier anzieht – auch was die Möglichkeiten der Nutzung betrifft. Neben den völlig frei gestalteten Gottesdiensten in der entweihten, doch gewidmet gebliebenen Kirche können sich Vereine treffen, Hochzeiten gehalten, Künstlerbegegnungen oder Gartenfeste durchgeführt werden. [...]