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Mehr als eine 40-Stunden-Woche

Gespräch mit einer Leipziger Tagesmutter über ihren Beruf

Kinderbetreuung ist ein sensibles Thema in Leipzig. Und nicht nur hier. Seitdem der Bundestag den Rechtsanspruch auf einen KiTa-Platz auch für Kinder unter drei Jahren beschlossen hat, stöhnen die Kommunen: Die Zeit für den Ausbau der Plätze bis zum Stichtag am 1. August sei zu kurz, Geld und Personal zu knapp. Auch die Leipziger Stadtverwaltung arbeitet mit Hochdruck am Ausbau der Kindertagesplätze – nachdem steigende Geburtenzahlen in der Messestadt lange ignoriert wurden. Allein zwölf Einrichtungen sollen noch in diesem Jahr eröffnet werden, rund 2 500 neue Plätze entstehen. Trotz aller Bemühungen werden es am 1. August dennoch zu wenig KiTa-Plätze in Leipzig sein. Deshalb werden noch mehr Tageseltern gebraucht, die freiberuflich Krippenkinder betreuen. Zehn Prozent der derzeit rund 23 600 Plätze werden bereits von Tageseltern abgedeckt und sind dabei für die Kommune auch eine kostengünstigere Alternative. Um den Anreiz für diese Berufsgruppe noch zu erhöhen, sollte zum nahenden Stichtag auch die Entlohnung aufgestockt werden. Monatlich rund 485 Euro pro Kind waren eingeplant. Da im Bundesdurchschnitt aber sogar 639 Euro gezahlt werden, protestierten die Tageseltern mitsamt ihrer Gewerkschaft lautstark. Am 17. Dezember 2012 beschloss der Leipziger Stadtrat, dass die Erhöhung immerhin schon ab Anfang des Jahres gelten soll. Die KiPPE sprach unter anderen darüber mit Tagesmutter Simone Kluttig aus Schleußig.


Simone Kluttig arbeitet in einem kleinen Hinterhäuschen im stark von jungen Familien geprägten Stadtteil zwischen Auwald und Weißer Elster. Die Räumlichkeiten konnte die Tagesmutter von einer Kollegin übernehmen, die aus Leipzig weggezogen ist. Neben einem großen und farbenfroh eingerichteten Ess- und Spielbereich gibt es noch einen gemütlichen Schlafraum und ein Bad. Simone Kluttig wohnt selbst gleich um die Ecke und das findet sie gut so: „Die Ursprungsidee der Tagespflege war ja, dass man zu Hause neben den eigenen Kindern noch maximal fünf andere dazu nimmt und wie in einer großen Familie zusammen lebt und spielt“, erzählt sie. Tendenziell mieten aber immer mehr Tageseltern Extra-Räumlichkeiten an, „weil die eigenen Wohnungen in der Regel zu klein sind oder nicht den Bestimmungen des Jugendamts entsprechen.“ Ihre Kinder seien auch häufig mit in der Gruppe.


Wie viele Tagesmütter ist Simone Kluttig eine Quereinsteigerin. Sie hat BWL studiert und dann in dem Berufsfeld gearbeitet. Sie war aber im Kindergarten und in der Schule ihrer Kinder schon immer eine engagierte Mutter. Es hat ihr viel Spaß gemacht, dort zu helfen. Nach ihrer Scheidung vor acht Jahren lebte die Leipzigerin erst mit neuem Partner in der Nähe von Frankfurt am Main. Dort bekam sie ihre dritte Tochter und lernte viele andere Eltern kennen. Als sie dann nach der Elternzeit wieder in den Beruf einsteigen wollten, stellte sie und einige befreundete Mütter fest, wie schlecht die Betreuungssituation ist. „Wir haben uns zusammengesetzt und spontan beschlossen: Wir gründen eine Krippe! Das war eine lustige Zusammenstellung mit zwölf Müttern, jede hatte ihren speziellen Part.“ Kluttig kümmerte sich u. a. um das leibliche Wohl der Kleinen, weil sie vorher in einer Leipziger Cateringfirma gearbeitet hatte. Eine andere Mutter kannte sich mit den Formalitäten und Anträgen aus und so wurde das „Projekt Krippe“ in der Nähe von Frankfurt/Main ziemlich schnell Wirklichkeit. Als Simone Kluttig später wieder nach Leipzig kam, wurde sie Tagesmutter: „Ich habe mir gedacht, die Arbeit in der Krippe hat mir so großen Spaß gemacht, ich möchte das gern weiter machen“, erinnert sie sich. [...]