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Leipzig hat die Wahl

Transparenz sollte sein - Leipzigs Corporate Governance Kodex: gelobt, vertagt, abgesetzt

Schon der Name mutet wie eine Mischung aus volkswirtschaftlichem Fachjargon und mittelalterlichem Gesetzestext an. Obwohl viele Bürgerinnen und Bürger den Inhalt vermutlich von Beginn an begrüßten. Der 29-seitige Text versteckt nämlich eine reizvolle Essenz: Chefgehälter bei Leipziger Kommunalfirmen offenlegen. Die „Zwischenfälle“ der Vergangenheit, wie die unklaren Pensionszahlungen an den ehemaligen Geschäftsführer der Leipziger Verkehrsbetriebe, Hanss, verlangten nach Reglementierung und mehr Transparenz. Der amtierende OB Jung praktiziert diese Transparenz beim eigenen Einkommen seit Jahren. Bei Kommunalunternehmen ist es selbstredend komplizierter. Dennoch wurde der Entwurf für einen Kodex jüngst im Stadtrat abgesetzt.


Klarheit im Unternehmen
Der angelsächsische Terminus „Corporate Governance“ lässt sich für diesen Fall sinngemäß mit „gute Unternehmensführung“ übersetzen. Mit einem wirksamen Kodex legt zum Beispiel die Stadt Leipzig dann Leitlinien und Zielvorstellungen für kommunale Unternehmen fest. Bürgerinnen und Bürger profitieren von einer abgesicherten Daseinsfürsorge, ohne existenziell gefährdende Einbußen für die Unternehmen. Gleichzeitig gewinnen Vorgänge und Vergütungen im Unternehmen an Klarheit. Bevor sich beantworten lässt, weshalb ein weitgehend parteiübergreifend befürwortetes Konzept gestoppt wird, gilt es, seine Struktur zu verstehen. Der Text selbst, welcher vor allem durch Amtsdeutsch und vage Formulierungen auffällt, trägt eine ganz eigene Hermetik in sich. Wesentlich für den Kodex ist die Unterscheidung von Empfehlungen und Anregungen. Zu ersterer Gruppe gehören Leitlinien wie:

  • „Korruptionsvorbeugung und -bekämpfung sollen für die Mitglieder der Geschäftsführung – wie für das gesamte Unternehmen – eine selbstverständliche Pflicht sein.“

    oder
     
  • „Die Geschäftsführung darf keine spekulativen Finanzgeschäfte abschließen (Spekulationsverbot).“


Dies erschwerte es Geschäftsführern beispielsweise, riskante Auslandskredite aufzunehmen: Fälle, wie jener der Leipziger Wasserwerke, bei dem die Geschäftsführer Heininger und Schirmer 2006 zweifelhafte Kreditausfallversicherungen mit der Schweizer UBS abschlossen – vorbei am Aufsichtsrat. Natürlich handelt es sich nicht um eine Garantie, die jegliches Vergehen komplett ausschließt.


Viel Unverbindliches
Beteiligungsunternehmen haben in Ausnahmefällen das Recht, von Empfehlungen abzuweichen: „Empfehlungen des Kodexes sind im Text durch die Verwendung des Wortes „soll“ gekennzeichnet. Abweichungen vom Kodex sind nicht strikt verboten, müssen jedoch vom Aufsichtsrat bzw. der Geschäftsführung gemeldet und begründet werden. Anregungen sind dagegen noch weniger verbindlich und verlangen keine Rechtfertigung. Die kleinen Worte „sollte“ und „kann“ markieren sie, wie in „Darüber hinaus können Regelungen zu Nebenleistungen getroffen werden“ beim Thema Geschäftsführer-Vergütung. Tendenziell sollen Gehälter von Aufsichtsräten und Geschäftsführern möglichst fix geregelt werden. In „herkömmlichen“ Kodizes (zahlreiche Kommunen wie Magdeburg verabschiedeten bereits eigene Konzepte) erschien einfach die Summe in der Firmenbilanz. Künftig würden die Zahlen in Grundvergütung und erfolgsabhängige Anteile aufgeschlüsselt erscheinen, sogar die Pensionen. [...]